Zum Valentinstag ein sinnlich-nervenstärkender Gastbeitrag
von „Missword!“ Sigrid Jo Gruner
Immer mehr Menschen legen sich bewusst Natürliches, Gutes, Frisches auf den Teller. Selbstgekochtes erfährt Aufwind! Fertigprodukte sind praktische Lückenbüßer, aber alles andere als Fitmacher. Fortschrittliche Gesundheitsberater wie die Evolutionsbiologin Dr. Sabine Paul raten, Stress nicht nur mit Yoga, Autogenem Training und Jogging anzugehen. Gezieltes und alltagstaugliches Anti-Stress-Food sei mindestens genauso wirkungsvoll wie der tantrische „Sonnengruß“ – doch weniger anstrengend.
Es spricht sich herum: Die richtigen Nahrungsmittel machen topfit im Köpfchen und stärken die Lebensenergie. Was aber noch wenig bekannt ist: Auch zwischenmenschlich spielt sich am Herdfeuer eine Menge ab. Die treffsichere Turbo-Auswahl macht’s! Verführung mit Messer & Gabel? Beim gemeinsamen Kochen bleibt nicht aus, dass sich auch die Herzen erwärmen!
Kochen zu Zweit: Pure Erotik auf dem Teller
Seit Anbeginn geht es der Menschheit darum, durch Paarung und Nachwuchs die Art zu erhalten. Das klingt erst mal pragmatisch. In der griechischen Mythologie glaubte man, dass die Götter den einst einheitlichen Menschen in zwei Teile trennten, die nun auf der Suche nach der anderen Hälfte durchs Leben liefen. Taubenpärchen bleiben ein Leben lang zusammen. Das gelingt uns Menschen eher selten. Lebenslange Turteltäubchen wie Philemon und Baucis? Eine schöne Fantasie.
Tierweibchen wählen bevorzugt attraktive Männchen aus. Beim Menschen macht die Nase den Unterschied. Ihre Aufgabe ist es, beim potenziellen Erzeuger künftigen Nachwuchses (rein hypothetisch und immunbiologisch gesehen) einen genetischen Code („MHC -Major histocompatibility complex“) zu erschnüffeln, der sich vom eigenen deutlich unterscheidet. Eine reine Vorsichtsmaßnahme der Natur? Das Beuteschema des Menschen ist also weniger romantisch als rational begründet?
Darin sind sich Mensch und Tier evolutionsbiologisch gesehen einig: Gemeinsames Futtern geht dem Knüpfen einer festen Beziehung voraus. Männchen soll beweisen, dass es Weibchen und Kinderchen ernähren kann. Überleben war unseren Ur-Ur-Vorfahren nur in Rudeln möglich, wo jeder mit jedem und jeder für jeden…Steinzeit-Singles waren chancenlos. Kinder entstanden ohne feste Strukturen wie Ehe oder Familie. Sie waren einfach Bestandteil des Rudels. Nicht unpraktisch.
First Date: Dinner-Einladung ist gut. Gemeinsam am Herd stehen besser.
Die erste Verabredung lässt hormonelle Wellen schlagen. Stress pur! Mann und Frau wollen sich von der allerbesten Seite präsentieren. – Aber gerade heute sitzt die Frisur nicht oder das Rasiermesser rutscht aus. Das Restaurant erweist sich als bedenkliche Wahl, die Ex versprüht vom Nebentisch aus Gift und am Ende wird die Kreditkarte nicht angenommen. Nervenzittern!! Wer jetzt noch erotische Hochgefühle verspürt, ist hart im Nehmen.
Wie anders im vertrauten Terrain! Hier kann zwar auch einiges schief laufen – doch wenigstens unter Ausschluss der Öffentlichkeit. Anlass für Lachsalven. Amateurhaftes Schnippeln und aus der Lamäng Köcheln zu Zweit lockern die Atmosphäre erheblich. Zusammen genießen und lachen zu können wird unterschätzt. Hätten Romeo und Julia in ihrer Junggesellenküche in Mantua eine „Mega-Pizza Quattro Stagioni mit extra Käse“ geteilt und dazu aus einer Bastflasche Chianti gesüffelt, wäre einiges anders verlaufen.
In der Küche rötet nicht nur die Hitze des Backofens die Wangen. Doch Vorsicht: Ohne die richtigen Ingredienzien kein amouröser Erfolg. Deftiges, Schweres, Unbekömmliches, Ermüdendes? Liebestöter! Geht gar nicht.
Auftritt der frivolsten Zutaten
Seit jeher ranken sich Mythen um lustanregende Lebensmittel. Nicht zufällig sind diese in der Edel-Abteilung angesiedelt: Austern, Hummer, Kaviar und Meeresfrüchte, Spargel, Artischocke, Trüffel und Morchel, Cäsarsalat und Petersilie. In Österreich hört die Tomate auf den beziehungsreichen Namen Paradeiser. Auch bei den Gewürzen knistert es. Aromatische Wildkräuter haben es in sich; Safran, Vanille, Nelke, Anis, Minze, Zimt, Chili, Kurkuma, Muskat, Ingwer und Pfeffer sind ausgesprochene Scharfmacher.
Testosteron-förderndes Eiweiß in zarten Fischfilets (Steinbutt, Seezunge, Knurrhahn, Steinbeißer, Lachsforelle), Meeresfrüchten (Languste, Venus- und Pfahlmuscheln, Shrimps, Krebs) und Fleischgerichten (Perlhuhn, Kalb, Kaninchen) macht müde Männer munter. Komplexe Kohlenhydrate (in Maßen!) wie Wildreis spenden Power und Ausdauer. Schwere Hülsenfrüchte und Kohl .. na ja .. besser nicht. Dagegen Erdbeeren, Kirschen (massiv Magnesium!), Feigen, Pistazien und Granatäpfel, Weintrauben, Pflaume, Bitterschokolade… euphorisierend!
Kochen zu Zweit – Capriccio furioso
In unserem Menü tummeln sich einige der Göttin Aphrodite zugeschriebene Zutaten. Natürlich sind nicht alle vier Gänge ein Must! Nur nicht den Magen überfüllen. Einzelne Zutaten lassen sich austauschen.
Vorspiel: Erfrischend-scharfe Paprikasuppe
Mit fruchtigem Olivenöl, Prise Knoblauch, Tomatensaft und einem Schuss Himbeeressig einen sämigen Mix aus pürierter roter und gelber Paprikaschote + grüner Chilischote herstellen. Meersalz, Tabasco, Spritzer Zitrone & Birnendicksaft. In Gläser füllen. Mit frischen Feigenvierteln dekorieren und mit Pfefferbasilikum bestreuen.
Entr’acte: Tomatige Meereshäppchen
Hummerkrabben, Garnelen, kleine Oktopusse und/oder Jakobsmuscheln mit Thymianblättern in Butter anrösten. Mit fein gehackten und in Weißwein eingeweichten Trockentomaten aufwallen lassen und mit trockenem Wermut ablöschen. Mit Steinsalz, Spritzer Limone, grobem Chili würzen. Aufwallen und zwei bis drei Minuten sanft köcheln lassen.
Höhepunkt: Grünes Perlhuhn
Grüne Currypaste in Erdnuss- oder Kokosöl anbraten, mit gehackter Ingwerwurzel, grüner Chilischote und Perlzwiebeln (wecken Endorphine!) andünsten. Brustfilets vom Perlhuhn in Streifen schneiden und darin einige Minuten (nicht zu dunkel) bräunen. Etwas Kokosmilch angießen und alles gemeinsam mit grünen Spargelspitzen, Zitronengras, Limettenblättern köcheln. Mit Koriander und Petersilie bestreuen. Wenig Wildreis auf Bananenblatt dazu reichen.
Abgesang: Geeiste Beerenmousse mit Ile flottante
Frische oder TK-Beeren (Himbeeren, Heidelbeeren, Erdbeeren) mit einer Prise Nelkenpulver, Rohrohrzucker, Messerspitze Cayennepfeffer, Limettensaft, Rotwein pürieren, leicht anfrieren. Angefrorene Mousse in Schalen füllen. Für die „schwimmende Insel“ Eiweiß mit geriebenen Mandeln, Rohrohrzucker, Prise Maisstärke, Prise Salz, Spritzer Limone, Vanillezucker sehr steif schlagen. Mandelmilch erhitzen, Nocken mit einem Suppenlöffel ausstechen, 1-2 Minuten in der Mandelmilch gar ziehen. Abtropfen lassen, auf die gekühlte Beerenmousse setzen. Mit (in Gin oder Tequila) marinierten Granatapfelkernen und gehackten grünen Pistazien dekorieren, sofort servieren.
Alternative zur Beerenmousse mit Wölkchen: Geeiste frische Erdbeeren, die mit im Wasserbad aufgelöster feiner Bitterschokolade ein zart schmelzendes, dunkles Häubchen bekommen. Köstlich prickelnd, super-einfach!
Prickelndes
Nach Geschmack passen ein weißer Sancerre, feinherber Mosel- oder Frankenriesling, Bourgogne Crémant oder spanischer Cava brut. Zum Abschluss flirtet eine Trüffelpraline mit Espresso und Grappa oder Armagnac.
Das ist Ihnen zu viel Gedöns? – Da gibt’s doch eine Lösung
Beginner und alle, die es etwas eiliger haben, greifen tief in die Feinkost-Kiste und servieren ein locker-leichtes Rührei aus Bio-Eiern (ganz fein: Gans-Ei) mit darüber gehobelten Trüffelspänen oder in Butter und Weißwein gedünstete Seezungenröllchen, denen sie eine Pickelhaube aus Hummerkrabbe und Kaviar verpassen. Wer so gar keine Ahnung hat, wozu ein Herd alles fähig ist, bedient sich für sein stimmungsvolles Out- oder Indoor-Picknick einer pikanten und geeisten Meeresplatte „Assiette Fruits de Mer froide“ aus Austern, Venusmuscheln, Meeresschnecken, gekräuterten Shrimps, Lachstartar und/oder Oktopus mit Wachtelei und lecker Sößchen (aus dem gut sortierten Fachhandel) und knabbert Wildkräutercroutons dazu. Dazu – Champagner, was sonst!
Tipp: Es muss keiner Nobelmarke an den Kragen gehen. Ambitionierte Weinhandlungen halten Erzeugnisse aus unbekannteren kleinen Champagnerhäusern bereit, die den großen Platzhirschen aus Reims allemal das Wasser (respektive den Schampus) reichen können.
Nur Mut! Was soll schon passieren? Eines ist sicher: Gut speisen werden Sie.
Sigrid Jo Gruner ist mit dem Text- und Redaktionsbüro Missword! (www.missword.de) bei allem Guten, Wohltuenden, Sinnlichen und Schönen zuhause. Food und Kulinarik sind Passion. Sie arbeitet für Unternehmen, Agenturen, Shops, Redaktionen, Blogs (Web-, PR-, Pressetext, Publikationen, E-Book) und berät zu strategischer Positionierung und Corporate Wording. Als Ghostwriter übernimmt sie Texttuning und Lektorat. In eigener Sache betreibt sie ein Blog (1a-Grenadas) und verfasst narrative Prosa.
NervenPower Newsletter-Abonnenten erfahren und erleben noch mehr, z.B. gibt’s in der aktuellen Ausgabe einen fröhlich-frechen Buchtipp.
Hier geht’s zur Newsletter-Anmeldung (hier klicken).
P.S. Bleiben Sie genussvoll gelassen und geistig fit!
Fotos: Himbeere: MFRC679BCY, www.stocksnap.io | Paar: AAM8X0DRXY, www.stocksnap.io | Spargel: DT9B5R5R19, www.stocksnap.io | geeiste Beeren: N78GMKPE3Z, www.stocksnap.io